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/19.07.18

Diese Studie bestätigt mein Gefühl: Blockchain-Projekte sind (derzeit) nach wie vor eine Spielerei. Nur 8 % der GitHub-Projekte zum Thema sind aktiv unterhalten, die durchschnittliche Lebensdauer beträgt 1,22 Jahre. Über die Gründe kann spekuliert werden: Versteht man die Blockchain nicht, setzt man sie falsch ein oder ist es tatsächlich ein rein spielerischer Umgang, um Erfahrungen zu sammeln? Alle Erklärungsversuche stimmen wohl ein bisschen.

Aus der Erfahrung als Referent und zahlreichen Kundengesprächen kann ich sagen, dass zwar alle Markteilnehmenden erst am Anfang stehen und mit der Technologie Erfahrungen sammeln. Wir stellen aber auch fest, dass sich bei vielen Blockchain-Anfragen herausstellt, dass der Einsatz einer Blockchain gar nicht gerechtfertigt ist. Dieser Blogpost soll deshalb aufzeigen, in welchen Fällen der Einsatz einer Blockchain Sinn macht, und in welchen nicht.

Wann macht eine Blockchain Sinn?

Um diese Frage zu beantworten, muss vorab geklärt werden, was eine Blockchain ist und was sie kann: Die Blockchain ist ein manipulationssicheres, transparentes und verteiltes «Buch». Weil es durch die Dezentralität viele Kopien dieses Buches gibt, ist immer nur jene Version gültig, bei der sich die Mehrheit der Knoten in einem Netzwerk über ihre Validität einig ist. Das Buch beinhaltet dabei nicht nur eine Information, sondern auch sämtliche vorherige Versionen davon (Historie). Der grosse Vorteil der Blockchain liegt darin, dass die Daten nicht zentral, sondern dezentral abgespeichert sind und man sie aufgrund der kopierten Historie nicht fälschen kann. Dies löst das Problem des Vertrauens. Neu muss man nicht nur einer bestimmten Autorität (zum Beispiel der Nationalbank) vertrauen, sondern man vertraut der Mehrheit. Weil alle Teilnehmenden an einer Blockchain von deren System abhängen, kann man davon ausgehen, dass sie (oder die Mehrheit) das System nicht untergraben wollen. Im übertragenen Sinne könnte man sagen: Ich lege nicht bei der Bank Feuer, in der sich mein Tresor befindet.

Relevante Fragestellungen

Führt man sich die Gegebenheiten und die sich daraus ergebende Vorteile vor Augen, kann man daraus folgende Fragen und Voraussetzungen ableiten:

  • Ändern sich Daten häufig und ist deren Historie wichtig? Falls sich Informationen nicht ständig ändern, kann man sie prinzipiell auf Papier oder einem anderen, beständigen Medium speichern.

  • Gibt es Gründe, weshalb die Datenverwaltung nicht einer zentralen Institution übertragen werden kann? Ein möglicher Grund gegen eine zentrale Institution ist fehlendes Vertrauen in sie. Oder der Umstand, dass eine zentrale Institution die Informationen nicht wissen darf.

  • Ist die dezentrale Datenhaltung wichtiger als hohe Leistung und Millisekunden-Transaktionen? Durch die dezentrale Architektur ist das Speichern von Informationen weniger effizient, weil man dies auf zahlreichen Rechnern tun muss. Millisekundenschnelle Transaktionen sind somit (noch) nicht möglich.

  • Reicht eine verteilte Datenbank wirklich nicht? Die bereits verfügbaren Technologien sind jahrzehntelang ausgereift im Gegensatz zu Blockchain-Lösungen.

Der Einsatz einer Blockchain macht somit nur dann Sinn, wenn Sie alle diese Fragen mit «Ja» beantworten können. Sind Sie sich dennoch nicht sicher, ob sich der Einsatz von Blockchain bei Ihrem Anliegen lohnt? Gerne stehe ich Ihnen für eine individuelle Beratung unter +41 44 500 83 50 oder [email protected] zur Verfügung.

Nachtrag vom 2. August 2018: Dieser Artikel beleuchtet die Thematik aus jener Sicht, welche den effektiv technischen Nutzen einer Blockchain beurteilt. Das Ziel ist es zu bewerten, ob die Vorteile einer dezentralen Architektur deren Nachteile überwiegen. Der Artikel lässt gänzlich ausser Acht, dass der Einsatz einer Blockchain zwar nicht effizient, aus Marketing-Sicht jedoch nutzenstiftend sein kann. Fälle wie jene des Blockchain-Ice Teas (siehe hier) zeigen, dass das Label 'Blockchain' auf Startup-Bewertungen oder Investoren durchaus eine Werbewirkung zeigen kann.